Die Technik ist so erstaunlich wie sie vielseitig ist, wenn man das Prinzip versteht. Photogrammetrie wird ursprünglich in der Geländevermessung eingesetzt und ist eigentlich kein klassisches 3D-Scan-Verfahren, sondern ein Rekonstruktions-Verfahren. Es funktioniert so ähnlich wie Kamera-Tracking beim Film und wird in terrestrische- und Aero-Photogrammetrie unterteilt.
-> Alle Informationen, Videos, Tipps für dein Aufbau eines 3D-Full-Body Scan Studios findet Ihr auf unserer Themenseite: http://3d-scan.software3d.de
Die Funktionsweise der Photogrammetrie
Bei der Photogrammetrie werden markante Punkte (Tracking-Punkte) auf einer Textur, also einem Bild/Foto genutzt. Wenn man ein Objekt also aus verschiedenen Perspektiven fotografiert, dann können diese Punkte in einem dreidimensionalen Raum zugeordnet werden. Wenn man also mit mehreren Bilder rund um ein Objekt geht und von allen Richtungen Aufnahmen macht, lässt sich auf diese Weise eine Punktewolke berechnen. Aus dieser kann mithilfe höherer mathematischer Formeln die Topologie des 3D-Objektes mehr oder weniger gut berechnet werden. Je mehr klare Trackingpunkte auf einem Bild erfasst werden können, desto genauer wird diese Punktwolke.
Und natürlich kann in der finalen Berechnung die Punktwolke zu einem geschlossenen Modell berechnet werden. Anschließend kann das Objekt zur weiteren Bearbeitung oder finalen Verwendung exportiert werden. Ein Vorteil im Vergleich zu Laser oder Structured-Light Scan-Verfahren ist, dass wir bereits eine echte Textur auf dem Objekt haben.
Vor- und Nachteile Photogrammetrie
Der Vorteil von Photogrammetrie als 3D-Scan-Verfahren ist,
- dass es schnell und präzise ist,
- und auch die echte Textur gleich mitliefert.
- Dank der Möglichkeit, lediglich mit einer Fotokamera zu arbeiten, ist dieses Verfahren unschlagbar günstig und äußerst flexibel.
- Es ist außerdem das einzige Scan-Verfahren, mit dem auch Bewegung aufgenommen werden kann. Wenn man nicht mit einer Kamera mehrere Bilder von einem Objekt macht, sondern mit mehreren Kameras ein synchronisiertes Bild schießt.
Problematisch ist das Verfahren aber bei einigen Oberflächen. So sind transparente oder spiegelnde Flächen sehr schwer zu vermessen, da logischerweise der Markierungspunkt nicht eindeutig von mehreren Winkeln zu sehen ist. In diesem Fall muss man sich Abhilfe schaffen, wie bspw. durch Kreidespray oder der späteren Nachbearbeitung.
Photogrammetrie-Software
Es gibt im Bereich der Photogrammetrie einige verschiedene Anbieter. Dabei ist Autodesk 123D Catch, Eos Photomodeler oder Agisoft PhotoScan zu nennen, die wir gestestet haben. Unser klarer Favorit, auch im Preis-Leistungs-Verhältnis bei Photogrammetrie-Software ist Agisoft PhotoScan. Für 175,- € (inkl. MwSt) in der Standard-Version ist eigentlich alles enthalten, was ein 3D-Artist im Alltag benötigt. Da die ganze Berechnung so vielseitig ist, ist PhotoScan aus unserer Sicht ein Muss im Werkzeugkasten jedes 3D-Artists und Fotografen.
Agisoft PhotoScan gibt es in 2 Versionen, die preislich weit auseinander liegen. PhotoScan Standard ist aus unserer Sicht für jeden 3D-Artist ein Muss. Zum Einen kostet es nur 175,- € (inkl MwSt.) und zum anderen ist es so vielseitig einsetzbar, dass man damit aus der eigenen Kamera einen 3D-Scanner machen kann. Mit der Standard-Version bekommt ihr die meisten Funktionen zum 3D-Scan.
- Ausrichten der Fotos (Photo Alignment)
- Erstellung von Punktwolken (Point Cloud Generation)
- Erstellen von 3DModellen
- Erzeugen von Texturen (Texture Mapping)
Damit könnt Ihr Scannen und die Punktwolke erzeugen und das Modell zur weiteren Bearbeitung exportieren.
Die Profi-Version von PhotoScan Pro macht dann gleich einen größeren Kosten-Spung auf 3.125 € (inkl. MwSt.) was im Vergleich zu einem Laser-Scanner noch immer wenig ist. Die zusätzlichen Features helfen massiv an der Genauigkeit der Modelle sind aber eigentlich auf den Kern der Photogrammetrie (Landschaftsvermessung) fokussiert.
- Ihr könnt damit digitale Höhenmodelle von Landschaften erstellen (DEM – Digital Elevation Model)
- Erstellung von Fotos ohne perspektivische Verzerrung z.B. bei Landkarten (Orthophoto Generation)
- Referenzierung von GPS-Koordinaten gescannter Landschaftsabschnitte (Georeferencing of generated results)
- Scannen von Personen/Objekten in Bewegung und erstellen von Animationen (4D Reconstruction)
- Multispektral Image Processing
- Eigene Funktionen mit Phyton-Scripting können ergänzt werden
- eigene Tracking-Punkte setzen
Anwendungsgebiete für Photogrammetrie 3D-Scans
- Geländevermessung
- Volumen-Messung
- Architektur und Denkmalschutz
- Animation & Cinematographie
- Archäologie
- Biologie & Bildung
- Erstellen von 3D-Objekten für Spiele und Animationen
- Dokumentieren und Rekonstruieren von Aufnahmesets. Bestimmen der Kameraposition im Raum
- Vermessen von Gegenständen
- Dokumentieren von Unfallorten. Spurensicherung
- Extrahieren von Tiefeninformation von Relief-Oberflächen
- Rekonstruieren, Modifizieren von Fahrzeugteilen (Reverse Engineering)
- Scannen von Gebäuden für Visualisierungen und Studien
- uvm.
Praktische Anwendungsgebiete von Photogrammetrie
Einzigartig ist das Verfahren mit PhotoScan, wenn es darum geht z.B. ein bewegliches 3D-Objekt zu scannen. Das geht mit keinem anderen Verfahren. Oder stellt Euch vor, ihr wollt eine Haus-Fassade oder sagen wir ein Gebäude oder Straßenzug nachbauen. Nun stehen aber vor dem Haus Autos oder Bäume, die einen 3D-Scan behindern würden. Mit PhotoScan, macht ihr einfach Bilder von der Fassade, aus allen Perspektiven, wechselt die Position, geht vor die Autos/Bäume, die im Weg sind und lasst das Programm die Berechnung durchführen.
Um das ganze Gebäude mit Dach und Rückwand etc. zu erfassen, können wir z.B. Aufnahmen mit einem Quadrocopter machen und berechnen. Das geht mit anderen 3D-Scannern nur mit sehr viel Aufwand. Am Ende bekommt ihr nicht nur die Fassade ohne dass Elemente verblendet sind, sondern auch noch die Textur. Die benötigte Hardware habt ihr sicher daheim – ein normaler Fotoapparat reich dazu aus..
Natürlich ist PhotoScan nicht die Eierlegende-Wollmilchsau, die jeder so gerne hätte. Es gibt einige Dinge zu beachten, aber das Verfahren ist unschlagbar flexibel, so dass es viel Zeit beim Modellieren spart und man kann quasi täglich “mal eben” ein Objekt scannen kann, ohne teure Technik zu besorgen.
Wie der optimale Workflow, in Kombination mit ZBrush oder Mudbox funktioniert, zeigen wir (software3D.de) als 3D Fachhändler gern. Wir empfehlen für die Nachbearbeitung der Scans Pixologic zBrush. Da hier sehr gut fehlende Daten (Rauschen oder Ungenauigkeiten) verarbeitet, geglättet und optimiert werden können. Vor allem aber überzeugt bei zBrush das neue Retopologie-Tool (ZRemesher) mit einem Klick die Topologie des Modells verbessert und für ein klares Mesh sorgt. (www.software3d.de/pixologic-zbrush.html)
Beispiele Photogrammetrie in Filmen
The Impossible
(Originaltitel „Lo imposible“) ist ein melodramatischer Film aus dem Jahr 2012, der die wahre Geschichte einer spanischen Familie, die sich beim Tsunami von 2004 ereignete, zum Thema hat. The Impossible von Regisseur Juan Antonio Bayona gewann bei den „11th Annual VES Awards“ den Preis für „Outstanding Visual Effects in a Visual Effects-Driven Feature Motion Picture“. Hierbei war es von Nöten, das Orchid Hotel in Khao Lak in Thailand, digital zu reproduzieren. Da aber keine architektonischen Pläne oder Blaupausen des Hotels vorhanden waren, musste man auf das Auslesen der Geometrie durch Bilder zurückgreifen. Um das oberste Ziel, die wahrheitsgetreue Reproduktion des Gebäudes und ein höchstmöglicher Grad an Realismus zu erreichen, haben die VFX-Supervisor auf Rekonstruktion mit Photogrammetrie zurückgegriffen. Dadurch konnte die Geometrie des Hotels exakt zu reproduziert werden.
Marvel‘s The Avengers
Joss Whedons The Avengers ist ein mit VFX-beladener Film. Hier wurde stark auf die bietende Flexibilität der Photogrammetrie zurückgegriffen. Gerade in der Schlusssequenz, in der einige Hero-Shots während der Schlacht in den Straßen von New York zu sehen sind, wurde auf eine 100% digitale Rekonstruktion der Stadt gesetzt. So wurde ein Teil von New York (10×4 Blocks) in 3D erstellt. Eine Überlegung hierfür war, dass es nicht möglich ist den Pfad und die Geschwindigkeit der virtuellen Kamera in irgendeiner Form mit real gedrehtem Material aufnehmen zu können. Die Kamerabewegungen wären zu schnell für jede Form von Kran und zu niedrig, um Aufnahmen aus einem Helikopter zu erstellen, da sich in New York kein Helikopter tiefer als 150 Meter Abstand zu den Häuserdächern nähern darf. So wurde ein „Stills-Team“ von ILM (Industrial Light & Magic) damit beauftragt, acht Wochen lang alle nötigen Fotos und Texturen aufzunehmen, um die Stadt durch Photogrammetrie digital reproduzieren zu können.
Tipps zur Benutzung von PhotoScan
Die Scan-Methode hängt logischerweise essentiell von der Qualität der Fotos ab. Daher sind neben Erfahrungswerten ein paar Dinge zu beachten.
- „eingebackene“ Lichter und Schatten vermeiden
- Bei Aufnahmen im Freien ist ein bewölkter Himmel optimal, da dadurch diffuses Licht eine gleichmäßige Ausleuchtung ermöglich.
- Spiegelungen vermeiden
- Bodenaufnahmen am Besten vom Stativ oder zumindest jegliche Unschärfen vermeiden.
- ISO-Werte so klein wie möglich halten, um das Rauschen zu reduzieren
- Korrekter Weißabgleich, diesen beibehalten
- Rauschunterdrückung und Autofokus deaktivieren
- Zusätzliche Fotos für weitere Texturierung erstellen
Bei kleinen Objekten lohnt es sich einen kleinen Drehtisch zu kaufen oder zu bauen und ein Studio-Setup einzurichten. So kann man mit Stativ exakte Fotoreihen erstellen. Wir empfehlen dabei 3 Reihen. Einmal Frontal, einmal schräg von oben und einmal schräg von unten.
Aufbau eines hoch-professionellen 3D-Scan-Studios.
Wie bei Matrix, als Bullet-time eingeführt wurde, ist für den professionellen 3D-Scan von Bewegungen oder einem Ganzkörperscan eine Momentaufnahme notwendig. Kein anderes 3D-Scanverfahren kann dies ermöglichen. Um eine kurzen Moment zu erfassen, benötigen wir also ein synchronisiertes Foto aus möglichst vielen Perspektiven aus 360°. Im kleinen Fall, sind so um die 50 Kameras sinnvoll.
Hier in dem Beispiel werden 2 unterschiedliche Aufbauten gezeigt. 1) 115x Kameras im 360° Winkel, 18MP-36MP Ganzkörper-Scan-System 2) 46x Kameras im 360° Winkel, 18MP-24MP Gesichts-Erfassung-System
Aktuell unterstützen wir mehrere Kunden beim Aufbau solcher Studios. Wenn ihr mehr wissen wollt, wir euch schulen oder Euch bei dem Aufbau eines solchen Systems unterstützen können, dann schreibt uns unter info@software3D.de – In den nächsten Wochen präsentieren wir im blog.software3d.de und auf Facebook noch weitere Videos und einen Vortrag zu dem Thema.
-> Alle Informationen, Videos, Tipps für dein Aufbau eines 3D-Full-Body Scan Studios findet Ihr auf unserer Themenseite: http://3d-scan.software3d.de